VÖGEL IN DER PROMENADE

Spatzen in Berlin – Kleiner Vogel mit großer Geschichte


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26.04.25 Der Haussperling (Passer domesticus), liebevoll auch Spatz genannt, gehört zu den bekanntesten und am weitesten verbreiteten Singvögeln in Berlin – und weltweit. Trotz seiner Allgegenwärtigkeit ist der Spatz ein bemerkenswerter Stadtbewohner mit vielen spannenden Facetten.


Die große Geschichte des Spatzes


🧬 Ursprung und Evolution

Der Haussperling stammt ursprünglich aus dem Nahen Osten, wo er sich vor mehreren Tausend Jahren in der Nähe menschlicher Siedlungen ansiedelte. Fossile Funde und genetische Untersuchungen legen nahe, dass der Spatz sich gemeinsam mit dem Ackerbau entwickelte – ungefähr vor 10.000 Jahren. Mit der Sesshaftwerdung des Menschen und dem Anbau von Getreide fand er eine ideale Lebensgrundlage: Körner, Streuobstreste und später auch Küchenabfälle.

🌍 Globale Verbreitung – Ein Weltbürger

Durch seine Anpassungsfähigkeit wurde der Spatz zu einem der am weitesten verbreiteten Vögel der Welt. Mit den Menschen gelangte er nach Europa, Asien, Nordafrika – und schließlich auch in die Neue Welt:

  • Nordamerika: Um 1850 wurde er absichtlich in New York eingeführt, um dort Schädlinge zu bekämpfen – bald war er überall.

  • Australien, Südafrika und Neuseeland: Auch hier wurde er vom Menschen eingeführt – manchmal aus nostalgischen Gründen, um sich an die "Heimat" zu erinnern.

🏘️ Stadtbewohner mit Tradition

In Europa – und speziell in Berlin – ist der Spatz seit Jahrhunderten ein fester Teil des städtischen Lebensraums. Er lebt dort, wo Menschen sind: auf Balkonen, unter Dachgiebeln, auf Cafétischen. Sein Ruf als frecher, geselliger Überlebenskünstler ist legendär. Schon im alten Rom sollen Sperlinge zwischen den Tafeln der Patrizier herumgehüpft sein.

🧾 Kulturelle Spuren & Mythen

  • In der Lyrik des Mittelalters taucht der Spatz als Symbol für Lebensfreude auf.

  • In Goethes Zeit galt er als "unpoetisch", doch im Volkslied hatte er immer seinen Platz.

  • In der chinesischen Kultur hatte er es schwer: Während Maos „Großer Spatzenkrieg“ in den 1950er Jahren wurde er massenhaft getötet, weil er angeblich Getreide fraß – mit katastrophalen Folgen fürs Ökosystem.

🐥 Biologie & Verhalten

  • Spatzen leben in Kolonien – sie sind soziale Vögel mit großem Mitteilungsbedürfnis.

  • Sie haben ein komplexes Kommunikationssystem und lernen voneinander.

  • Trotz ihrer Robustheit gehen ihre Bestände in einigen Regionen zurück – durch Verlust von Nistplätzen, weniger Insekten und zunehmende Versiegelung von Flächen.

Der Spatz – ein Freund des Menschen

Der Haussperling ist ein Sympathieträger, ein kleiner Überlebenskünstler mit großem Herzen. Seine Geschichte ist im Grunde unsere eigene – er folgt dem Menschen seit Jahrtausenden, als Beobachter, Mitesser und Begleiter.

Wenn man ihm zuhört, besonders am Morgen in den Berliner Hinterhöfen, erzählt er vielleicht nicht mit Worten – aber mit seinem Zwitschern – von einer uralten Verbindung, die bis heute anhält.

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🏙️ Lebensraum in Berlin

Spatzen sind Kulturfolger, das heißt, sie leben bevorzugt dort, wo auch Menschen sind. In Berlin fühlen sie sich besonders in Altbauvierteln, Siedlungen mit Vorgärten und begrünten Innenhöfen wohl. Sie nutzen:

  • Nischen und Ritzen in Hausfassaden

  • Dachüberstände und Lüftungsschlitze

  • Hecken, Büsche und Bäume in Parks und Gärten

In Neubauvierteln mit glatten Fassaden fehlt es oft an Nistmöglichkeiten – das hat in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Spatzenpopulation geführt.


🐣 Verhalten & Fortpflanzung

Spatzen leben meist in kleinen Kolonien und sind ausgesprochen soziale Tiere. Sie bauen ihre Nester aus Halmen, Papierfetzen, Federn und allem, was sich eignet. In Berlin beginnen sie oft schon im März mit dem Brüten und ziehen bis zu drei Bruten pro Jahr auf.

Sie sind laut, quirlig und besonders gerne dort, wo sie Futter finden: Straßencafés, Spielplätze und offene Picknickstellen sind echte Spatzenmagnete.


🥖 Ernährung

In Berlin fressen Spatzen:

  • Samen und Körner

  • Insekten, besonders für die Jungen

  • Essensreste, Brötchenkrümel, Pommes, etc.

Diese "Fast-Food-Diät" macht ihnen jedoch langfristig gesundheitlich zu schaffen, weshalb naturnahe Fütterung und eine vielfältige Umgebung wichtig sind.


📉 Bestand und Schutz

Obwohl Spatzen früher fast als Plage galten, gelten sie heute in vielen Städten – auch in Berlin – als gefährdet. Gründe:

  • Versiegelung von Flächen (weniger Insekten & Nistplätze)

  • Sanierungen ohne Nistmöglichkeiten

  • Mangel an Nahrung durch sterile Gärten und Monokulturen

Daher stehen Haussperlinge in Deutschland mittlerweile auf der Vorwarnliste der Roten Liste gefährdeter Brutvögel.


💡 Was man tun kann

Berliner können Spatzen unterstützen durch:

  • Anbringen von Nistkästen

  • Wildblumen & insektenfreundliche Gärten

  • Kein Einsatz von Pestiziden

  • Ganzjährige Wasserstellen


🧡 Fun Fact

Der Spatz wurde 2002 vom NABU zum "Vogel des Jahres" gekürt – nicht wegen seines Gesangs, sondern wegen seiner Nähe zum Menschen und seiner symbolischen Rolle als Alltagsvogel, der leise verschwindet, wenn man nicht aufpasst.


🐦 Die Spatzen von der Straßenbahnlinie 8

Es war ein goldener Herbstnachmittag in Berlin. Auf dem Bahnsteig der Linie 8 am Alexanderplatz saß ein alter Herr auf einer Bank, mit einem halben Schrippenbrötchen in der Hand. Er zerbröselte es langsam, bedächtig – nicht etwa für sich selbst, sondern für die Gesellschaft, die sich schon um ihn versammelt hatte: eine ganze Bande frecher Spatzen.

„Na ihr kleinen Banausen“, murmelte er, „ich hab euch nicht vergessen.“
Die Spatzen, offensichtlich Stammgäste, hüpften mutig näher, flatterten kurz auf, schnatterten ein wenig – wie Berliner Kinder auf dem Pausenhof.

Ein junges Paar auf dem Nachbarplatz beobachtete die Szene und fragte lächelnd: „Kennen die Sie etwa?“
Der alte Mann grinste verschmitzt und antwortete:
„Aber natürlich. Die sind jeden Tag hier. Und wehe, ich komm mal mit leeren Taschen. Dann zwitschern sie mich zusammen wie'n Schaffner ohne Fahrschein.“

Er deutete auf einen besonders frechen Spatz mit einem zerzausten Flügel:
„Der da heißt Bruno. Hat mal versucht, mir ein ganzes Croissant aus der Hand zu reißen. Ich hab's ihm gelassen. Aus Respekt vor dem Mut.“

Die Bahn fuhr ein, der Mann stieg nicht ein. Es war nicht seine Linie.
Er blieb einfach sitzen, verteilte weiter Brotkrümel – und Geschichten.
Denn er wusste: Diese Spatzen waren nicht bloß Vögel.
Sie waren kleine, federleichte Freunde in einer großen, schnellen Stadt.


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